Smartphones in Europa


Ich beschäftige mich derzeit recht intensiv mit einem Anwendungsfall, der vielleicht auf den ersten Blick ein wenig exotisch anmutet. Nämlich der mobilen Datennutzung für Smartphones im europäischen und europa-nahen Ausland; und das dauerhaft und nicht nur für einen Urlaub.

Wie komme ich dazu und warum dieser Blogpost?

Mobilfunkprovider in Deutschland machen einen recht guten Job darin, Poweruser wie mich oder auch Teile meines privaten Umfelds (Marcus, Inka, Martin) davon zu überzeugen, wie toll doch mobile Internetnutzung ist. Das gelingt ihnen so gut, dass viele  Geeks in meinem Bekanntenkreis fröhlich mobil twittern, surfen, Fotos hochladen, Jabber, Facebook, Google Maps und Mail nutzen.

Auch ich bin dieser Versuchung erlegen und bin es nun von meinen Reisen in der Republik, den Pubabenden und vielen anderen Gelegenheiten des Alltags gewöhnt, dass ich mobiles Internet nutzen kann; natürlich mit meinem Notebook, aber auch mit meinem Handy. In der Regel sind die Handies da auch deutlich ressourcenschonender – wo bei einer UMTS Karte gern mal 1-2GB / Monat über den Äther wandern, liegen Smartphonenutzer in der Regel (genau wie ich) zwischen 150 und 250 MB Datentransfervolumen.

Da ich bald regelmäßig in Gesamteuropa unterwegs sein werde, möchte ich auch on tour nicht auf den Luxus eines Smartphones verzichten.

Und ja, mein Arbeitgeber stellt mir natürlich ein Mobiltelefon zur Verfügung, dass ich auch im begrenzten Rahmen privat nutzen darf. Und ja, es handelt sich dabei sogar um einen BlackBerry, jedoch möchte ich private Dinge privat halten und nicht über ein Firmengerät abfackeln. Also suche ich eine Lösung für Privatmenschen, die erschwinglich ist.

Warum was ändern?

Ich verfüge derzeit über einen BlackBerry im Netz von o2. Dabei wird innerhalb von Deutschland die Datennutzung auf mein Internet Paket angerechnet. Ich habe eine Flat, mit bis zu 10 GB Internet-Traffic (ja, ich bin Altkunde), die Blackberry Option und 100 Freiminuten für irgendwas um die 35 Euro pro Monat. Das ist ein brauchbarer Tarif, der vielleicht optimierungsfähig ist, aber halbwegs akzeptabel.

Sofern ich aber mein Nutzungsverhalten aus Deutschland mit ins Ausland nehme, kann das teuer werden: Wo man hierzulande 5000 oder sogar 10.000 MB Datenverkehr für 25 EUR bekommt, zahlt man im Ausland diese Summe für knappe 4 MB Datentransfer; der MB kostet nämlich im Ausland günstigenfalls 7 EUR, aufgeteilt in 10kb Häppchen á 0,07 EUR.

Bei einer normalen Rechnung würde ich also zwischen 700 und 1750 EUR allein für die Nutzung von 100-250 MB zahlen. Nun, das ist natürlich viel Geld, also ist mein Mobilfunkprovider großzügig.

Sofern ich nicht rumprasse und mehr als 50 MB pro Tag Internet Traffic mache (mit dem Handy schwierig zu erreichen), kappt er bei 15 EUR die anfallenden Kosten. Das ist bei sagen wir durchschnittlich 15 Tagen im Ausland auch noch zu verkraften (15 * 15 = 225 EUR), zumindest im Vergleich zu den o.a. Kosten, allerdings hat die ganze Sache einen kleinen Pferdefuß.

Stellen wir uns vor, dass ich vorabends über Amsterdam nach Toulouse fliege, weil ich morgens einen frühen Termin bei einem dort ansässigen Kunden habe und nach dem Termin dann wieder zurück nach Hamburg fliege. Ich bin weniger als 24 Stunden von zu Hause weg, also gebe ich nur 15 EUR aus. Das war auch meine Annahme, als ich das letztlich so gemacht habe. Leider lag ich jedoch falsch. Die Kosten für diese Reise betragen für die Datennutzung 60 EUR. Das ist ja auch logisch, wenn man folgende Fußnote beachtet: Pro Kalendertag und eingebuchtem Land sind die Kosten auf 15 EUR limitiert. Das ergibt dann bei 2 unterschiedlichen Ländern x 2 Kalendertagen natürlich gern die 60 EUR.

So kann schnell aus den schon happigen 225 EUR beliebig mehr Geld werden. Und das für ein Datenvolumen von grob veranschlagt 250 MB, dass man für den Inlandsverbrauch für 10 EUR / Monat bei jedem x-beliebigen Provider erwerben kann.

Datenpakete bei o2

Die Lösung ist also, sich fürs Ausland ebenfalls ein Datenpaket zu suchen. Das ist jedoch nicht-trivial. Der naive Ansatz ist ja, den eigenen Provider zu fragen, ob er sowas anbietet. Gesagt, gemacht. O2 bietet aber keine pauschalen Datenpakete für Privatkunden an. Die gibt es nur für Geschäftskunden und auch nur mit 100 MB Traffic für 69 EUR im Monat. Das würde knapp reichen. Nur, um Geschäftskunde zu werden, braucht man nen Rahmenvertrag.

Den gibts bei o2 jedoch erst ab 6 Verträgen und einer GmbH-Geschäftsform. Beides nicht vorhanden. Bei einem Reseller hingegen würde ich auch mit einem Gewerbeschein (check) und ab einem Vertrag (ebefalls check) einen solchen Rahmenvertrag [interessanterweise direkt bei o2, nicht beim Reseller geführt] bekommen, könnte dann darin Verträge abschließen, die auch Zugriff auf die Businness-Optionen haben.

Ein wenig umständlich, insbesondere da man a) Bestandsverträge nicht zur Laufzeit umziehen kann und b) in den Sternen steht, ob und wenn ja wie man die Rufnummer von einem o2 Vertrag auf einen o2 Rahmen-Business-Vertrag portieren lassen kann.

Wahrscheinlich wird das nicht gehen, also müßte ich die Rufnummer zwischenzeitlich auf einen nicht im o2-Netz operierenden Prepaid-Anbieter portieren lassen, um dann wieder von diesem Anbieter auf den Businessvertrag portieren zu können. Das würde mich schätzungsweise 4 Wochen Rufnummern-Downtime kosten.

Ich habe darüber kurz nachgedacht und beschlossen, den alten Vertrag so beizubehalten, wie er ist und einen zweiten Vertrag abzuschließen, um zumindest den Umzug zu umgehen.

Datenpakete bei der Konkurrenz

Ein wenig enttäuscht bin ich ja schon von meinem Mobilfunkanbieter; nicht mal in den o2 eigenen Netzen, die ja europaweit verfügbar sind, gibt es einen brauchbaren Roaming-Datentarif, erst recht nicht für Privatkunden. Also schauen wir uns doch mal bei den Europa-Platzhirschen mit vielen lokalen Dependancen um:

T-Mobile hat kein wirklich wettbewerbsfähiges Datenpaket, lediglich Vodafone bietet noch ein vergleichbares Paket, sogar für Privatkunden an. Hier könnte ich ein Datenpaket für 150 MB für ebenfalls ca. 70 EUR im Monat bekommen. Allerdings muß ich hier auch wieder einen Laufzeitvertrag mit entsprechenden Grundgebühren abschliessen; das wirkt weniger kompliziert als bei o2, ist aber immer noch komplizierter, als einfach eine Option dazuzubuchen, insbesondere da ich mich mit den aktuellen Vodafone-Tarifen nicht auskenne.

Vorteil ist aber, dass ich nach Ablauf meines o2 Vertrags auch meine Rufnummer zu Vodafone portieren könnte und hier bleiben. Allerdings weiß ich nicht, ob ich einen Lobo-Laden unterstützen will.

Datenpakete im Ausland

Wenn man auf Erreichbarkeit via SMS und Telefon während des Aufenthalts im Ausland verzichten will (oder damit leben kann, dass das Ganze über zwei Endgeräte abgehandelt wird, was bei meinem incoming SMS und Anrufvolumen durchaus verträglich ist), kann man natürlich auch reine Datenpakete im Ausland erwerben. Wenn man hier über die portierungsverhindernden Landesgrenzen beispielsweise nach Österreich schaut, findet man durchaus spannendere Angebote. So gibt es in der Alpenrepublik beispielsweise ein weltweites Datenpaket mit 250 MB Inklusivvolumen für 99 EUR und sogar teils länderübergreifende, jedoch providerinterne 3GB Pakete für 15 EUR im Monat.

Das würde sich sicherlich rechnen, jedoch gibt es da mit meinem präferierten Smartphone noch ein Problem.

Blackberry und Datentarife

Ein Blackberry nutzt neben dem normalen Internet-APN der Provider einen weiteren, blackberryspezifischen APN. Darüber werden so Dinge wie Mail, Instant Messenger, Surfen mit dem Blackberry und alle anderen nativen Blackberry-Anwendungen – auch Facebook – abgerechnet.

Im Inland ist es bei den Datenpaketen von beispielsweise o2 absolut wurst, ob man den Traffic über den Internet-APN, den Blackberry-APN oder Morsecode verbraucht. Im Ausland sieht das Ganze jedoch deutlich anders aus; sämtliche mir bekannten europa- oder weltweiten Datenpakete mit Inklusivvolumina jenseits der 100 MB dürfen nicht für den Blackberry verwendet werden. Dazu gibt es beispielsweise bei o2 und Vodafone spezielle Auslands-Blackberry-Tarife, die sich jedoch alle durch ein Inklusivvolumen von zwischen 3 und 30 MB auszeichnen; und das zu Preisen, die mit den 100 / 150 MB Paketen nahezu identisch sind.

Es ist kurz gesagt also nicht möglich, einen Blackberry bezahlbar im Ausland zu betreiben, wenn man mein Nutzungsverhalten hat.

Smartphone-Alternativen

Es muss also eine Alternative zu meinem heißgeliebten Blackberry Bold her. Es gibt ja hier eine Reihe von Geräten, die in Frage kämen. Machen wirs also so wie gelernt und erstellen erst einmal einen Anforderungskatalog, gegen wir dann die zu prüfenden Geräte benchmarken.

Dabei gibt es eine Liste von Anforderungen, die das Gerät erfüllen muss und eine Liste von Anforderungen, die wünschenswert wären:

Muss-Kriterien

  • Ich habe Zugriff auf meine Google Mails und kann auf diese antworten
  • Ich kann  Jabber / Google Talk zur Kommunikation nutzen
  • Ich kann auf Facebook zugreifen
  • Ich kann mich via GPS und Cell-Tower-Ortung auf einer Karte orientieren
  • Ich nutze kein Note- oder Netbook, da hier das Datenvolumen zu hoch ist
  • Ich habe einen Twitter-Client
  • Ich kann im Internet surfen
  • Ich kann Flugdaten und Bahnverbindungen abrufen
  • Ich habe Zugriff auf meinen Google Kalender
  • Ich habe eine Weckfunktion
  • Ich kann das Gerät über ein USB Kabel laden (extra Ladekabel oder Datenkabel)
  • Das Gerät unterstützt die in Europa üblichen Mobilfunknetze
  • Das Gerät hat eine Software- oder Hardware-QWERTZ Tastatur
  • Das Gerät hat eine Copy&Paste Funktion
  • Das Gerät verfügt über ausreichend Arbeitsspeicher, um alle Muss- und möglichst viele Wünschenswert-Anwendungen zu installieren
  • Ich kann MMS empfangen und versenden
  • Ich kann Anhänge an Mails ansehen (Bilder, PDF, ggf. auch Office-Formate)

Wünschenswert

  • Eingebaute Kamera
  • UMTS Unterstützung
  • Hardware-QWERTZ Tastatur
  • Kein Slider
  • Zugriff auf meine Google Docs, mit Bearbeitungsfunktion
  • Ich kann meine Google Mails mit Labeln versehen, serverseitige Suchen machen und Mails mit dem GMail Stern taggen
  • Ich kann ICQ und MSN Messenger nutzen
  • Ich kann Google Maps nutzen und das Gerät unterstützt Latitude
  • Ich habe eine eingebaute Navigationsfunktion, die kostenfrei ist
  • Ich habe eine Qype-Anwendung, die umkreisbasierte Suche zulässt
  • Ich habe Flug- und Bahndaten offline auf dem Client
  • Ich habe einen Facebook Rich-Client
  • Ich habe eine TripIt- und/oder Dopplr Anwendung
  • Ich habe die Möglichkeit, ein Limit auf den Datentransfer zu setzen, der roaming und non-roaming unterscheidet
  • Ich habe einen Musikplayer, der m4a unterstützt
  • Ich habe einen 3,5mm Klinkenstecker als Kopfhöreranschluss
  • Das Gerät hat einen Standard-USB-Anschluss wie Mini-/Micro-USB, über den ich sowohl eine Datenverbindung zum Gerät herstellen kann als auch das Gerät laden
  • Das Gerät verfügt über eine Thethering-Funktion und erlaubt mir, es als UMTS Modem für mein Notebook zu nutzen
  • Das Gerät cached Mails und IM-Nachrichten, wenn man im Funkloch ist / eine wackelige Datenverbindung hat und sendet sie automatisch neu
  • Das Gerät hat eine single inbox für alle eingehenden Nachrichten
  • Das Gerät kann meine Kontakte für Mail, IM und Co. OTA abrufen oder bietet eine Synchronisationsfunktion
  • Das Gerät kann Musik bei last.fm scrobbeln, wenn man sie abspielt
  • Das Gerät hat eine WLAN Schnittstelle, die man bspw. zum Software OTA installieren nutzen kann, wenn man zu Hause ist und Datenvolumen sparen möchte

Netter Schnickschnack

  • Das Gerät verfügt über einen FM Transmitter
  • Das Gerät verfügt über einen Touchscreen
  • Das Gerät hat eine Xing-Applikation
  • Das Gerät hat eine Offline-Kartenanwendung, die ohne Datenverkehr die aktuelle Position anzeigen kann
  • Das Gerät verfügt über eine WordPress-Blogginganwendung
  • Es gibt Shazam oder eine vergleichbare Anwendung, die Musik durch “Hören” identifizieren kann
  • Ich kann Telefongespräche aufzeichnen
  • Ich kann mir Videos auf YouTube ansehen

Fazit

Ich glaube derzeit, dass entweder ein Android-basiertes Telefon wie das Hero oder ein iPhone für mich die ideale Lösung darstellt. Den Glauben an ein für mich brauchbares Telefon mit Hardware-QWERTZ Tastatur habe ich bereits aufgegeben. Leider kostet ein HTC Hero um die 450 EUR, ein iPhone 3G um die 500 und ein iPhone 3G S um die 650. Schon Geld, das…..


7 Antworten zu “Smartphones in Europa”

  1. Oha, du hausst ja ganz schoen rein. Zwei Anmerkungen:

    1. Das Nokia N97 koennte interessant sein. (Single Inbox wird glaub ich schwierig). Aber kommt mit 32 MB Speicher und vertraegt nochmal 16 per Karte.

    2. Zum USB-Charging: Neue Phones, auch das N97 eingeschlossen (nur Apple schert da wieder aus) lassen sich per USB laden. Problem war bisher, dass die Handys bei Tiefentladung Ewigkeit brauchten, um wieder zum Leben zum kommen. Denn damit sie die volle Stromleistung ziehen koennen, muss erstmal genug Strom da sein, damit der USB Port und der diesen kontrollierende Controller anspringen koennen, damit er den erhoehten Strombedarf anmelden kann. Dies wurde nun durch (soweit ich mich erinnere) Erweiterung der USB spec gefixed, weshalb USB auch kein Problem mehr ist. (/me kennt noch von Arcor vertriebene no-name hybrid GSM/DECT Handys, die auch per USB luden. Die hatten exakt das Problem…

    • Hab mir das N97 mal angeschaut. Es schneidet im Vergleich tatsächlich sehr gut ab, aber ich glaube nicht mehr wirklich an die Symbian-Plattform. Das mag hart klingen, aber iPhone und Android haben einfach eine deutlich höhere Marktdurchdringung in Verbindung mit guten Entwickler SDKs und präsentieren am Ende des Tages die meisten Anwendungen. Schau Dir beispielsweise an, für welche Plattformen es Apps für Xing, Dopplr, Tripit und Qype gibt. Für welche Plattformen es rich clients für Facebook gibt… das ist schon deutlich: iPhone ist ein Muss, danach kloppen sich Android und BlackBerry um den zweiten Client.

  2. Mein Tipp: das 8210. Das kann sogar telefonieren und SMS à 160 Zeichen versenden. Und ne Weckfunktion hat's auch. Auch geil: monotone Klingeltöne.

  3. achso, ich sollte vielleicht mal das Ergebnis der Überlegung (das Spreadsheet) hier verlinken: http://spreadsheets.google.com/pub?key=t0bBtRXd1s

    Da ist auch der Palm Pre auf meinem Wissensstand drin. Jedoch habe ich ihn noch nicht in den Fingern gehabt, glaube aber eher an Android Telefone; die gibt es von mindestens drei bedeutenden Smartphone Herstellern, wohingegen der Palm Pre eine Nischenlösung ist (und wohl auch erstmal bleibt).

    Würde ich also gleichauf mit Symbian sehen, wobei Symbian aufgrund der Bestandsmobiltelefone deutlich verbreiteter ist.
    Derzeit also lieber auf ein HTC Tattoo oder Motorola Android 2.0 Telefon warten, als nen Palm Pre (den ich mal im SDK angetestet hab) kaufen.

Kommentar verfassen